Vor dem Baltic Cup in Riga sprachen wir mit unserem Bundestrainer Marc Müller über seine Erwartungen an die bevorstehende Generalprobe.
Coach, heute in genau drei Wochen geht es zur Europameisterschaft. Kribbelt es schon?
„So langsam geht es los. Es ist unfassbar, wie schnell die Zeit wieder vergeht. Die EM ist in diesem Jahr deutlich früher, sodass man innerlich noch auf einen späteren Zeitpunkt eingestellt ist, so wie in den vergangenen fünf Jahren. Ich bin aber sicher, dass spätestens, wenn wir morgen die ganze Truppe am Flughafen treffen, jedem schlagartig bewusst wird, dass das Turnier vor der Tür steht. Die Vorfreude ist in jedem Fall riesig.“
Woher leitest du diese große Vorfreude ab?
„Es gibt zwei Faktoren: Zum einen ist die EMF EURO an sich ein großes Erlebnis und wenn man so lange dabei ist wie wir, dann kennt man einfach viele Leute aus den anderen Verbänden und freut sich auf ein großes Wiedersehen. Die Atmosphäre bei diesem Turnier ist immer einzigartig. Zum anderen haben wir sportlich einiges vor und durch die Etablierung des Stützpunktes in Göttingen auch eine gute und intensive Vorbereitungszeit hinter uns, sodass wir uns – Stand jetzt – besser vorbereitet fühlen als zum gleichen Zeitpunkt 2016.
Du hast den Stützpunkt angesprochen. Fass doch mal deine Erfahrungen der vergangenen Monate am Stützpunkt zusammen.
„Insgesamt bin ich sehr zufrieden. Von Lehrgang zu Lehrgang haben wir die Qualität steigern können und viele Dinge automatisieren können, für die uns sonst die Zeit fehlt. Durch die vielen Maßnahmen hat jeder auch eine gewisse Anzahl an Einheiten absolvieren können, sodass niemand einen Kaltstart hinlegen muss wie beispielsweise Dominic Reinold im vergangenen Jahr. Wir fangen nicht mehr bei Null an und können jetzt, wo es in die heiße Phase geht, auf den erarbeiteten Dingen aufbauen.“
„Welchen Anteil hatte der fest installierte Standort an den erfolgreichen Lehrgängen?
„Einen unheimlich großen. Es ist einfach ein Unterschied, wenn du ein vertrautes Umfeld vorfindest und dich schon ein bisschen heimisch fühlst. Dadurch war es bei der Nationalmannschaft immer wie in der Wohlfühloase, was sich am Ende auch positiv auf die Leistung auf dem Platz auswirkt. Und mit dem Freizeit In haben wir auch einen Partner, der mehr als nur eine Dienstleistung zur Verfügung stellt, sondern uns an allen Ecken und Enden unterstützt und uns auf einer Ebene höchster Professionalität hilft.“
Nach dem Stützpunkt ist vor der EM. Kommen wir zum Baltic Cup. Was sind deine genauen Erwartungen?
„Zunächst sind wir sehr froh, die Gelegenheit zu bekommen, an diesem Turnier teilzunehmen und bedanken uns auf diesem Wege für die Einladung. Der Zeitpunkt ist aus meiner Sicht ideal, weil wir kurz vor dem Turnier sind, aber im Anschluss immer noch drei Wochen Zeit haben, gewisse Dinge zu korrigieren. Was das Sportliche angeht ist klar: Wir müssen den nächsten Schritt machen! Es nützt nichts sich darüber zu freuen, dass wir monatelang auf die EM hingearbeitet haben, wenn wir jetzt nicht die Chance ergreifen, uns einzuspielen und auf den bisher erarbeiteten Dingen aufzubauen. Daher habe ich – unabhängig von den Ergebnissen – eine hohe Erwartungshaltung an meine Mannschaft. Kein Spieler kann sagen, er wisse nicht was er zu tun habe. Ich möchte Dinge erkennen, die wir in den Trainingseinheiten erarbeitet haben. Jetzt gilt es, unter richtig guten Wettkampfbedingungen die nächste Entwicklungsstufe zu nehmen.“
Also ist der Turniersieg das erklärte Ziel?
„Wir wollen immer gewinnen wenn wir auf den Platz gehen. Und natürlich sollten wir Estland, Litauen und Lettland spielerisch überlegen sein. Dennoch ist das Ergebnis nicht so super entscheidend, weil wir immer noch in einer Entwicklungsphase sind. Das einzige Resultat, das zählt, ist jenes vom Spiel gegen Bulgarien am 10.06. Aber klar, es lässt sich deutlich mehr Selbstvertrauen und Euphorie aufbauen, wenn wir den Baltic Cup gewinnen.“
Wie ist die personelle Lage?
„In Riga haben wir 15 Spieler am Start, die unserem Gesamtkader angehören. Jeder dieser 15 hat sich seinen Platz verdient und selbst wenn es nicht für den finalen 12er-Kader reicht, sind alle Jungs dem Team zugehörig und auch für die EM gemeldet. Ein paar Spieler der vergangenen EM sind nicht mehr dabei, weil sie nicht an den Vorbereitungsmaßnahmen teilnehmen konnten. Das ist sehr schade, aber es hätte auch nicht geholfen ohne Vorzubereitung dabei zu sein. Jetzt haben wir 15 Jungs, die brennen und sich in den vergangenen Monaten entwickelt haben.“
Über die Entwicklung welcher Spieler freust du dich am meisten?
„Das kann man natürlich schwer sagen, weil jeder Spieler besser werden muss und es bei jedem wichtig ist, dass das gelingt. Bei meinen erfahrenen Spielern weiß ich, was ich an ihnen habe und freue mich immer wieder aufs Neue, mit welcher Begeisterung und welcher Motivation sie stets bei uns auflaufen. Und dass auch sie sich verbessern wollen. Bei den „Neuen“ ist sehr interessant zu sehen, wie schwer ihnen die Umstellung zunächst auf dem kleinen Platz fällt, sie sich dann aber doch schnell akklimatisieren und anpassen. Ein Arne Düber ist ein gutes Beispiel: In den ersten Einheiten hat er noch große Probleme und einige Stockfehler im Spiel gehabt. Mittlerweile spielt er, als würde er seit Jahren nichts anderes machen, weil er sich aber auch komplett darauf eingelassen und an sich gearbeitet hat.“
Gibt es Sorgenkinder?
„Kim Sippel und Florian Graberg sind nach ihren schweren Verletzungen bzw. operativen Eingriffen noch nicht auf dem Stand, dass sie morgen ein EM-Spiel machen könnten. Da müssen wir sehen, ob die Zeit reicht. Daniel Witek wird sich da aber in Riga intensiv drum kümmern und dann warten wir es einfach ab. Ansonsten haben wir keine größeren Probleme, sodass wir nahezu aus dem Vollen schöpfen können.
Wenn wir also abschließend zusammenfassen: Du siehst uns gut gerüstet für die EM?
„Prinzipiell ja. Wir haben allerdings im vergangenen Jahr in der Zeit vor Ort in Ungarn das Optimum rausgeholt in Sachen Einstimmung und Vorbereitung. Wir dürfen nicht den Fehler machen und glauben, dass wir jetzt in der finalen Phase etwas weniger machen könnten, nur weil unsere Vorbereitung bis hierhin ganz gut war. Wir dürfen nicht nachlassen, denn eine EM ist einfach kein Zuckerschlecken, wenn du erfolgreich sein willst. Aber wie gesagt, grundsätzlich sind wir im Plan. Die Frage beantworte ich nach dem Baltic Cuo aber gerne noch einmal.“
Vielen Dank Coach und einen erfolgreichen Baltic Cup!